Forst & Technik – Juli 2018

Auf der Elmia Wood 2017 stellte John Deere erstmals einen Harvester mit der intelligenten Kransteuerung IBC vor. Sie verspricht nicht nur eine komfortablere Arbeit, sondern auch mehr Produktivität und weniger Kraftstoffverbrauch. Am 17. Januar lieferte Forex den ersten JD 1270 G mit dieser Steuerung in Deutschland aus – an das Forstunternehmen Waldform nach Brandenburg.

 

Für Forwarder bietet John Deere das Steuersystem Intelligent Boom Control (IBC) schon seit einigen Jahren an. In Skandinavien liefert der Hersteller mittlerweile über 90 % der Rückemaschinen damit aus, aber auch in Mitteleuropa, wo die Kunden sich zunächst abwartend verhielten, geht die Ausstattungsquote in Richtung 70 %. Es ist wahrscheinlich, dass sich IBC bei den Harvestern – trotz des Aufpreises von rund 12 000 € – ebenso verbreiten wird. Wer das nicht glaubt, der sollte sich einmal mit den ersten Forstunternehmern unterhalten, die ihre Harvester mit diesem System gekauft haben. Da ist die Freude über den teilautomatisierte Kranbedienung sofort spürbar, die John Deere im Moment für die Harvesterkrane CH 6 und CH 8 und damit für die Modelle 1170 G und 1270 G anbietet. Der erste deutsche Kunde einer solchen Maschine ist Richard Tschuschke aus Ragow-Merz südlich von Berlin. Er erhielt seinen neuen 1270 G am 17. Januar. Als Forst & Technik die Maschine im Mai besucht, hat er 650 Betriebsstunden mit ihr gearbeitet. Sie ist mit dem Kran CH 7 ausgestattet, der mit dem Harvesteraggregat H 414 auf 11,50 m Reichweite kommt. Tschuschke kennt das IBC-System schon von seinem Forwarder 1110 G. Die Steuerung hat ihn an der Maschine so überzeugt, dass er auch den Harvester blind mit der 2017 auf der Elmia Wood vorgestellten Harvesteradaption gekauft hat, obwohl er das Testfahrzeug dort nicht einmal ausprobiert hat. Bis jetzt hat er seine Entscheidung nicht bereut. Die Umstellung auf die neue Maschine war sehr leicht, sagt der erfahrene Harvesterfahrer. „Man merkt das eigentlich gar nicht und muss nur daran denken, dass man das Teleskop nicht mehr selbst ausfährt.“ Ein Problem entsteht eher andersherum, wenn man von einer Maschine mit IBC auf eine ohne umsteigt. „Das ist eine richtige Umstellung. Ich konnte erst gar nicht mehr mit meinem alten 1170 E fahren.“

 

Für die IBC-Kranstewuerung werden alle Zylinder des Harvesterkrans mit Sensoren ausgestattet. Am Hubarmzylinder verbirgt sich der Sensor in dem kleinen schwarzen Kästchen.

 

Was IBC kann
Wenn ein Kunde seinen Harvester mit IBC bestellt, stattet John Deere sämtliche Zylinder des Kranes mit Lagesensoren aus, auch den Schwenkzylinder. Einige sind versteckt verbaut, andere kann man leicht sehen. Diese Sensoren wissen immer, in welcher Position sich ein Zylinder befindet, und die IBC-Steuerung im Bordcomuter berechnet daraus fortwährend die aktuelle Position des Krans. Will der Fahrer das Aggregat an einen Baum anlegen, um ihn zu fällen, dann bewegt er den linken Steuerhebel in die Baumrichtung nach vorn. Der Kran bewegt das Aggregat dann zunächst geradeaus in die gewünschte Richtung und fährt dabei automatisch das Teleskop aus. Den linken Dauen braucht der Fahrer nicht mehr, weil er den Kippschalter des Minihebels nicht mehr bedient. Die Bewegung zum Baum endet, wenn der Fahrer den Minihebel in seine Ausgangsposition zurückschnellen lässt, das Teleskop hat das Aggregat dann am Sammfuß platziert, wo seine Stellung nur noch korrigiert werden muss. Nach dem Fällschnitt kippt das Aggregat in die Waagerechte. Die IBC-Steuerung fährt dann sofort das Teleskop automatisch wieder ein und positioniert den Stamm in einer guten Aufarbeitungshöhe an der Maschine. Wenn der Fahrer möchte, kann er das IBC natürlich ausschalten. Er kann den automatisierten Teleskopausschub mit dem gewohnen Kippschalter übersteuern. Und nicht zuletzt bietet der Bordcomputer einige Möglichkeiten, um IBC an die örtlichen Gegebenheiten anzuzupassen. Die Geschwindigkeit der Kranbewegungen lässt sich ändern, die Bewegungsbahn in Richtung Baum und zurück zur Maschine kann an das Geländerelief angepasst werden. Im Steilhangmodus bewegt sich das Aggregat parallel zum Hang aufwärts. Doch das ist noch nicht alles: Die neue Steuerung sorgt außerdem dafür, dass der Kran das Aggregat mit einem Hebelbefehl senkrecht auf- und abwärts bewegt. Eine weitere Einstellung regelt, dass sich die Kranspitze bei voller Kranauslage seitlich nicht mehr schneller bewegt als nah an der Maschine, was ohne IBC-Steuerung der Fall ist. Dadurch kann der Fahrer den Kran präziser steuern, und das nachpendelnde Aggregat verletzt die Bäume nicht. Nicht zuletzt sorgen die Sensoren für eine effektive Endlagendämpfung in allen Hydraulikzylindern.

 

Effekte
Richard Tschuschke macht die Arbeit mit der Kransteuerung richtig Spaß. „Der Kran läuft ruhig, wie geschmiert und ohne dass es wackelt und ruckt. Gefühlt schaffe ich mit der neuen Maschine, die in seinem Fall allerdings auch kräftiger ist als der Vergänger, 50 % mehr.“ Soviel verspricht selbst John Deere nicht: Mit 10 – 15 % beziffert der Hersteller das mögliche Leistungsplus, und bei genauerer Überlegung reduziert Tschucke das Plus denn auch auf 20 %. Aber die Produktivität ist vielleicht nicht einmal die Hauptsache. Weil die Teilautomation der Kranbewegungen eine entspannte Arbeit ermöglicht, ermüdet der Fahrer nicht mehr so schnell. Er kann sich auf anspruchsvollere Tätigkeiten konzentrieren oder schlicht die eine oder andere Stunde länger arbeiten. IBC eröffnet darüber hinaus neue Perspektiven für den Fahrernachwuchs, schließlich lässt sich die Bedienung des Harvesters mit IBC deutlich leichter erlernen als ohne. Nur zwei Probleme fallen Richard Tschuschke im Zusammenhang mit IBC ein. Wenn er Starkholz aufarbeitet schaltet er das System bisher immer ab. Wenn er solche Bäume an der Krone packt und an die Maschine heranzieht ohne einen Kappschnitt angelegt zu haben, dann erkennt IBC das nicht und fährt das Teleskop nicht ein. Ein anderer IBC-Kunde fragt sich, was passiert, wenn die Zylinder undicht werden sollten. Kann er die Sensoren dann selbst wieder richtig einstellen?

 

„Der Kran fährt ruhig, wie Seife, es wackelt und ruckelt nicht. Es macht richtig Spaß.“

 

Autor: Oliver Gabriel

 

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